Sieger eines Kneipenduells – zumindest gedanklich
7. Juni 2007
Myself Psychomüll
Hier in NRW versüßt ein Feiertag mir den Tag und erst recht die Nacht zuvor. Glücklicherweise Leider bin ich nicht allein in dieser Situation. Vor allem in einer Kleinstadt ist das problematischer als man denken könnte. Hier geht man nicht in so einer Nacht in einen richtig schmutzig-schönen Indieschuppen und umgibt sich nur mit Gleichgesinnten. Nein, hier spielt Toleranz eine große, gar entscheidene Rolle.
Du bist ständig umgeben von aggressiven Burschen, die nicht selten sogar 2 Jahre jünger sind. Und die müssen toleriert werden. Allerdings auch nicht zu sehr. Am besten geht man ihnen aus dem Weg. Ganz ehrlich, das ist die beste Toleranz. Prostet man jemandem auch nur zu, kann das sehr sehr schnell als Beleidigung missverstanden werden. Schon selbst erlebt. Aua.
Ich meine, man kann auch versuchen ganz unscheinbar an einem Tisch zu sitzen und hoffen, nichts falsch zu machen. Aber sobald man sich jedoch entschließt, zum Alkohol zu greifen oder überhaupt etwas zu trinken, wird das ganze ungemein schwieriger. Die Selbstkontrolle ist mit Alkohol im Blut nicht gerade leichter und nach dem Toilettengang ruft es sich auch immer lauter.
Schließlich muss man also den Rutenlauf auf sich nehmen. Vorbei an Schlägerei Nummer eins. Oh, das sah übel aus. Aber bloss schnell weiter. Just in dem Moment des Weitergehens wird man angerempelt rempelt man jemanden an. Ängstlich flüstert man eine Entschuldigung hervor, sie darf allerdings nicht zu ängstlich sein, man hat ja wenigstens noch einen Funken Stolz. Dieser Funken darf andererseits nicht überspringen, sonst beginnt gleich hier Schlägerei Nummer zwei. Glück gehabt, er mag wohl zweite Teile auch nicht so gerne und man kommt unbeschadet mit einem blöden Spruch davon.
Nun geht der Lauf unterirdisch weiter, da die Toiletten ja immer so verdammt versteckt sein müssen. Dass wenigstens Lampen den gefühlsmäßig düsteren Weg erleuchten, ist schonmal etwas. Vorsichtig späht man um die Ecke. Nichts. Dann mal los. Hinein, ans Pissoir gestellt und los gepinkelt. Als man noch das befreiende Gefühl genießt, stiefeln andere pinkellustige Typen herein. Verdammt, die sehen aggressiv aus. Und sogleich gehts los: „Hey, du siehst schwul aus.“
Cut. Die Gedanken wirbeln los. Nicht gerade einfach mit Alkohol in der Birne, da Kontrolle rein zu bekommen. Ich überlege mir blitzartig, was ich ihm entgegnen will. Ich meine, nach dem Entleeren der Blase und dem damit verbundenen guten Gefühl wird man schon schnell mal mutiger.
Kann es sein, dass du mich nur als schwul bezeichnest, weil du empfindest, dass ich wie ein Student aussehe, der Begriff Student dir aber dermaßen nichtssagend ist und du es daher mit schwul asoziierst?
Die Faust knallt mir in’s Gesicht als hätte der Bursche schon mehrmals LKWs auf DSF gezogen. Ich schüttel mich, befreie mich aus meinem Tagtraum und lasse den Gedanken fallen. Feige entgegne ich: „Kann passieren.“ Der Typ und seine Freunde lachen einmal auf und raufen dann untereinander noch mit Blödsinn weiter. Stumm, wie ich anfangs es schon als beste Art der Toleranz bezeichnete, mache ich mich weiter. Wenigstens gedanklich bin ich als Sieger hervorgegangen. Das erfüllt mich mit Stolz. Aber einen unfairen Kraftwettbewerb nach Aussprache dieses Gedankens wollte ich einfach nicht riskieren.